Mittsommer – wohl einer der wichtigsten Feiertage in Skandinavien. Hier werden die längsten Tage des Jahres ganz besonders begangen. Wie Schwedinnen und Schweden den Sommer zur Sonnenwende begrüßen, erfahren Sie hier.
Zum Sommeranfang am 21. Juni erreicht die Sonne ihren höchsten Stand. Auf der nördlichen Erdhalbkugel ist das der längste Tag. Grund genug für Schwedinnen und Schweden, am Wochenende zwischen dem 20. und dem 26. Juni 2022 das wohl größte Volksfest der Nation zu feiern: Mittsommer (schwedisch: „Midsommar“). Doch sie feiern mehr als nur den Sommeranfang zusammen mit der Familie und Freunden. Das Mittsommerfest ist ein Hoch auf den oft viel zu kurzen Sommer, das Licht und die Wärme.
Das Fest der Naturverbundenheit teilt sich in Skandinavien in zwei feierliche Etappen: die Mittsommernacht von Freitag auf Samstag und der Mittsommertag, das Zentrum des bunten Zusammentreffens. Während der Mittsommertag, dieses Jahr am 25. Juni, in ganz Schweden als heimlicher Nationalfeiertag gilt, ist der Freitag davor hingegen kein offizieller Feiertag. Dennoch findet man in ganz Schweden kaum Geschäfte, die an diesem Tag geöffnet haben. Supermärkte, Einzelhandelsläden und Einkaufszentren bleiben traditionell geschlossen, damit alle Schwedinnen und Schweden gemeinsam Vorbereitungen für das Fest der Feste treffen können.
Meist begehen es die Menschen mit Verwandten, Freunden und Nachbarn unter freiem Himmel. Schließlich ist es das Fest des Tageslichts. Zur Sommersonnenwende schenkt die Sonne den Feiernden so viele helle Stunden wie an keinem anderen Tag im Jahr. In den nördlichsten Regionen Schwedens weicht das Sonnenlicht in den sogenannten „Weißen Nächten“ kaum noch der Dunkelheit.
Die Bevölkerung huldigt am Mittsommer der Fruchtbarkeit, gefeiert wird in Schweden traditionell eine gute Ernte. Die Fruchtbarkeit des Lebens und der Liebe stehen zum Mittsommer ebenfalls im Zentrum der Feierlichkeiten. Die Festivitäten haben dabei eine wichtige gesellschaftliche Funktion, bei der die sozialen Bande gepflegt werden. Viele haben schon während der Festreigen ihre zukünftigen Partnerinnen oder Partner kennengelernt.
Was wäre der Sommer ohne Blütenpracht? Einer der wohl bekanntesten Bräuche zu Mittsommer rankt sich um einen bunten Wildblumenstrauch und soll die Schönheit der Natur ehren: Der Geschichte nach sollen unverheiratete Frauen ein Bouquet aus sieben verschiedenen Gewächsen von sieben verschiedenen Wiesen pflücken. Wenn die Frau Veilchen, Klee, Vergissmeinnicht, Glockenblumen, Margeriten, Wollgras und Timotheus-Gras in den Händen hält und diese sorgfältig in der Mittsommernacht unter ihrem Kopfkissen verwahrt, so soll ihr im Traum die Liebe ihres Lebens erscheinen. Aber nur, wenn sie das als Geheimnis bewahrt und nie ein Wort über ihren Traummann verliert, geht ihr Wunsch nach dem ersehnten Partner in Erfüllung. Dieser Brauch ist in der schwedischen Tradition auch heute noch fest verwurzelt.
Bereits am Vortag des Mittsommers tauschen die Menschen das städtische Treiben gegen idyllisches Grün in ländlichen Regionen. Dort pflücken sie neben den sieben Blumen auch andere farbenfrohe Blüten und knüpfen sie mit Birkenzweigen zu blühenden Kränzen – dem wohl wichtigsten Accessoire des schwedischen Mittsommer-Festes. Ein Trend, der in den vergangenen Jahren auch immer mehr Einzug in Deutschland gehalten hat. Während vor einigen Jahren noch landestypische Trachten auf der Kleidungsordnung standen, geht es heute weniger formell zu: Männer tragen weiße oder blaue Hemden, Frauen greifen auch im Kleiderschrank zum geblümten Frühlingskleid.
Auch die sogenannte „Mittsommerstange“ wird bereits in der Mittsommernacht auf Gemeindeplätzen oder Grundstücken als Fruchtbarkeitssymbol errichtet und geschmückt. Am Mittsommertag dann halten sich Frauen, Männer und Kinder für den „Tanzreigen“ an den Händen, tanzen um den Baum und singen Lieder wie „Små grodorna“ (Die kleinen Frösche), dessen Melodien und Text inklusive lustiger Quak-Laute bei Jung und Alt gleichermaßen beliebt sind.
Und wer sich zwischen den Tanzeinheiten stärken muss, greift an Mittsommer zu ganz traditionellen Speisen: Frühkartoffeln mit Frühlingszwiebeln, eingelegte Heringe, Sauerrahm und Knäckebrot mit Käse zum Hauptgang, Erdbeeren mit Sahne oder schwedischer Traumkuchen als Dessert. Den klassischen Aquavit gibt es dann danach. Und wenn es doch etwas dämmerig wird, sorgen flackernde Fackeln für eine unvergleichliche Atmosphäre.
Für Mittsommer reisen viele Urlaubende nach Schweden, um das bunte Ereignis selbst erleben zu können.
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